Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 tritt eine Änderung des § 578 BGB in Bezug auf gewerbliche Mietverträge in Kraft, die auch Nutzungsverträge für EE-Anlagen betrifft.
Anstelle des Schriftformerfordernisses bei Mietverträgen soll künftig ein Textformerfordernis für gewerbliche Mietverträge gelten. Die Nichteinhaltung der Textform hat allerdings weiterhin die ordentliche Kündbarkeit zur Folge.
Die Änderung gilt für alle Mietverträge, welche ab dem 1. Januar 2025 abgeschlossen oder geändert werden. Für Bestandsverträge – zu welchen im Jahr 2025 keine Nachträge geschlossen werden – gilt die neue Regelung ab dem 1. Januar 2026.
Im Folgenden gehen wir kurz auf wesentliche Aspekte der Gesetzesänderung ein.
Welche rechtlichen Auswirkungen hat die Gesetzesänderung?
Folgende rechtliche Auswirkungen sind dabei eindeutig gegeben:
- Aus rechtlicher Sicht müssen Nutzungsverträge nicht mehr ausgedruckt und unterschrieben werden. Vielmehr ist der Abschluss von langfristigen Nutzungsverträgen ab dem 1. Januar 2025 auch in bloßer Textform möglich, ohne dass diese ordentlich kündbar werden. Das heißt, die Verträge (oder Nachträge) können z.B. auch per elektronisch signierten Dokumenten, Austausch von gescannten Dokumenten per E-Mail, per einfachem E-Mail-Austausch oder sogar in Messengerdiensten geschlossen werden.
- Der Umfang der in Textform zu treffenden Regelungen entspricht grundsätzlich dem Umfang der in Schriftform zu treffenden Regelungen. Voraussetzung ist vor allem weiterhin, dass die ausgetauschten Erklärungen alle weiteren Anforderungen an einen wirksamen Vertragsschluss einhalten, also insbesondere alle wesentlichen Vertragsbestandteile enthalten sind, Vertretungsbefugnis besteht, wirksame Willenserklärungen gegeben sind, usw.
Zu folgenden rechtlichen Auswirkungen besteht derzeit noch keine Klarheit:
- Zur bisherigen Rechtslage (Schriftformerfordernis) gibt es umfassende Rechtsprechung, nach der sich – im Kern – alle wesentlichen Vereinbarungen der Parteien aus der Vertragsurkunde ergeben müssen und andernfalls das Formerfordernis nicht gewahrt ist („Einheitlichkeit der Urkunde“). Widersprüche bei wesentlichen Vertragsbestandteilen, unbestimmte oder fehlende essenzielle Regelungen können zu einem Schriftformfehler führen. Daraus folgt ferner, dass auf die Anlagen hinreichend deutlich Bezug genommen werden muss, diese am besten mit dem Vertragstext verbunden werden und Nachträge die gesamte Vertragshistorie exakt wiedergeben müssen, um hinreichend auf die vorangegangenen Einigungen Bezug zu nehmen. Wird in anderer Weise auf außerhalb der Urkunde liegende Schriftstücke Bezug genommen, liegt in aller Regel ein Schriftformfehler vor. Dieses Erfordernis folgt aus der Regelung der Schriftform selbst, § 126 BGB.
- Die Textform verlangt nicht ausdrücklich die „Einheitlichkeit der Urkunde“, § 126b BGB. Es muss jedoch eine „Abschlussfunktion“ erfüllt werden, damit die Textform eingehalten ist. Hierfür bedarf es eines eindeutig wahrnehmbaren Hinweises, der sich räumlich am Ende des Vertrages befindet und inhaltlich das Ende der Erklärung kenntlich macht. Die Kenntlichmachung des Abschlusses kann auf verschiedene Weise erfolgen, etwa durch die Nennung des Namens, eine Datierung oder eine Grußformel. Ob jedoch nach der neuen Regelung auch ein hinreichender Bezug auf sämtliche Anlagen und vorangegangene Einigungen erforderlich ist (wie bei der Schriftform) oder diese allein das Unterschriftserfordernis durch das Erfordernis eines anderweitigen Abschlusses ersetzt, ist noch nicht geklärt.
- Ferner gibt es zur bisherigen Regelung Rechtsprechung, wonach Schriftformklauseln – also Regelungen, die vorsehen, dass nur schriftliche Vereinbarungen, Nachträge usw. wirksam sein sollen –in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (sog. AGB, also von einer Partei einseitig vorgegebenen Regelungen) unwirksam sein können. Solche Regelungen finden sich häufig in Nutzungsverträgen. Der Verwender dieser AGB kann sich allerdings nicht auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen, sondern nur die Gegenseite! Eine nicht in Schriftform abgeschlossene Vereinbarung würde dann weiterhin zur Kündigung berechtigen. Auch hier ist nicht klar, ob diese Rechtsprechung auch auf die neue Rechtslage übertragbar ist oder ob nunmehr Text- oder Schriftformklauseln in Nutzungsverträgen wirksam vereinbart werden können. Wenn das Textformerfordernis wie das Schriftformerfordernis behandelt wird, können sich die Betreiber auf solche Klauseln gegenüber den Eigentümern weiterhin nicht berufen – mit der soeben genannten Folge.
Wie können Betreiber und Projektentwickler mit der Gesetzesänderung umgehen?
- Wir regen an, zukünftig den Grundstückseigentümer einmal zu Beginn kurz und klar darauf hinzuweisen, dass ein Vertrag erst abgeschlossen werden soll, wenn alle Details geklärt und in einem Dokument zusammengefasst sind und jeglicher vorherige Austausch von Entwürfen noch nicht zum Vertragsschluss führt.
- Beim Abschluss von Nachträgen ist ab dem Jahr 2025 grundsätzlich nur noch die Textform zu beachten. ABER: Sofern eine Schriftformklausel im Vertrag enthalten ist und der Betreiber zukünftig Textform für Änderungen/Nachträge ausreichen lassen möchte, erscheint es am rechtssichersten, zuerst die Schriftformklausel in einem schriftformwahrenden Nachtrag aufzuheben. Ob die Schriftformklausel im Einzelfall auch mittels eines Nachtrags in Textform abbedungen werden kann, wäre individuell zu prüfen.
- Aus unserer Sicht erscheint es rechtssicherer, neue Verträge weiterhin in der bisherigen Form zu erstellen und zu verhandeln und alle Punkte letztlich in einem Dokument zu regeln. Dies ist auch in anderen Bereichen der Vertragsgestaltungen mit erheblichem wirtschaftlichem Gewicht, welche grundsätzlich formfrei wären, üblich. Denn nur so kann bestmöglich dokumentiert werden, worüber sich die Parteien einigen wollten.
- Wir halten es jedoch für gangbar, auf den Austausch der entsprechenden Verträge in Papierform zu verzichten. Vielmehr können Verträge ab dem 1. Januar 2025 auch – mittels qualifizierter oder auch einfacher Signatur – elektronisch signiert werden. Auch kann zunächst einer der Vertragspartner den Vertrag unterzeichnen, diesen einscannen und sodann per E-Mail an den anderen Vertragspartner schicken, der ihn dann wiederum ausdruckt, selbst unterschreibt und die dann entstandene Fassung, die eine Originalunterschrift und eine gescannte Unterschrift enthält, erneut einscannt und zurücksendet (wichtig: den gesamten Vertrag nebst Anlagen). Allerdings haben auch diese Vorgehen aus unserer Sicht Vor- und Nachteile:
Wesentliche Vorteile:
- Die Abwicklung wird einfacher.
- Der Aufwand zur Einholung der Unterschriften wird vermieden.
- Der Vertragsschluss geht insgesamt schneller.
Wesentliche Nachteile/Risiken:
- Der Vertragspartner könnte sich weniger an den Vertrag gebunden fühlen.
- Das Ausdrucken, Unterzeichnen und erneute Einscannen kann für Grundstückseigentümer eine technische Herausforderung darstellen und auch zu Fehlern führen.
- Es besteht eine größere Möglichkeit, das Vertragsdokument – nachträglich oder auch vor Rücksendung – elektronisch zu manipulieren.
- Das Vertragsdokument könnte eine geringere Beweiskraft im Fall einer Auseinandersetzung haben.
- Schließlich sollten Regelungen in Nutzungsverträgen, die ab dem 1. Januar 2025 abgeschlossen oder geändert werden, und bislang auf die Schriftform abstellen (z.B. „schriftformwahrender Nachtrag“) überprüft und ggf. angepasst werden. Dabei ist – unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsunsicherheit – zu überlegen, ob und ggf. welche Form zukünftig vorgesehen werden soll.